Als ich versuchte, meine Gedanken zum Streetfotografie-Paradoxon in einem Blogbeitrag zu ordnen, stellte ich mir eine Frage: Was macht eigentlich Sony? Die hatten doch mit der RX1RII schon ziemlich früh eine spannende Kamera im Rennen, die sich im Premium-Kompaktsegment neben Modellen wie der Fujifilm GFX100RF und der Leica Q3 positionieren ließ. Warum also nicht einfach ein Update bringen und wieder mitmischen?
(Fujifilm X-E4, mit Fujinon XF27mmF2.8 R WR @27.0mm, 1/160s, f/2.8 und ISO1600)
Und siehe da – hier ist sie: die Sony RX1RIII.
Credits: Sony
Kleinbildformat mit 61 MP, lichtstarkes Zeiss Sonnar 2/35 – klingt nach einem Leckerbissen für die Street- und Reportagefotografie.
Edel, teuer, kompakt und fest verbaut?
Wir reden hier über das Premiumsegment der Kompaktkameras mit fester Optik. Also Kameras, bei denen man das Objektiv nicht wechseln kann – und genau das ist Teil ihres Charmes.
Aktuell tummeln sich in dieser Liga:
- Fujifilm GFX100RF – 102 MP, Fujinon 35mm/F4 (~28mm KB)
- Leica Q3 – 62 MP, Summilux 28mm/F1.7
- Sony RX1RIII – 61 MP, Zeiss Sonnar 35mm/F2
- Fujifilm X100VI – 40 MP, Fujinon 23mm/F2 (~35mm KB)
Die große Fuji bleibt mit ihrer Optik hinter den anderen Kameras zurück, während Sony, Leica und auch die kleine Fuji mit lichtstarken Objektiven punkten. Klar, die X100VI hat „nur“ APS-C – das bedeutet eine Blendenstufe weniger Freistellung – aber dafür ist sie auch deutlich günstiger.
Warum kauft man sich sowas?
- Weil man’s kann
- Weil man eine Kamera will, die auf dem Café-Tisch neben dem Notizbuch gut aussieht
- Weil man sich bewusst für eine Festbrennweite entscheidet – und damit gegen das Objektivwechsel-Dilemma. In diesem Fall entscheidet man sich nicht für ein System sondern einfach für eine Kamera
Die ersten beiden Punkte mögen vielleicht für Hipster oder für Menschen gelten, die eigentlich keine Kamera brauchen. Der dritte Punkt hingegen trifft auf mich zu – und führt mich indirekt auch wieder zu Punkt zwei. Ich brauche keine Kamera, die als Statussymbol auf irgendwelchen Tischen liegt. Aber ich arbeite mit einem Notizbuch, in das die wichtigen Dinge ihren Weg finden – handschriftlich, meist mit einem Bleistift, obwohl eine Notiz auf dem Smartphone oder Tablet schneller gemacht wäre. Insofern können Kameras wie diese – genauso wie mein Notizbuch – als ein Antagonismus verstanden werden: nicht gegen ‚die Welt‘ per se, sondern gegen bestimmte Tendenzen unserer Zeit – und vielleicht auch gegen Entwicklungen innerhalb der Fotografie selbst.
Der Vorteil eines fotografischen Locked-In-Systems
„5000 Euro für eine Kamera, an der ich nicht mal das Objektiv wechseln kann?!“ höre ich manche sagen.
Aber genau das ist der Punkt: Wer sich für so ein „geschlossenes System“ entscheidet, spart sich später die Grübelei über Objektive – und das kann richtig befreiend sein und zu einer Parallel-Anschaffung zum bestehenden System verleiten.
Außerdem: Die GFX100RF und die X100VI waren zum Start sofort vergriffen – offenbar gibt’s da draußen genug Leute, die genau das wollen.
Und die RX1RIII?
Passt perfekt in die Street- und Reportagewelt. 35mm/F2 – ideal für bewegte Motive, ohne dass man zwingend einen Bildstabi braucht.
Preislich liegt sie unter der GFX100RF und deutlich unter der Leica Q3.
Klar, die X100VI ist günstiger – mit etwas weniger Freistellungsspielraum. Was mir persönlich nichts ausmacht, darum habe ich auch eine und ich liebe sie.
Fazit
Die RX1RIII ist zurück – und sie hat das Zeug dazu, vorne mitzuspielen.
Doch ihre Bedeutung geht über technische Spezifikationen hinaus. In einer Welt, in der Fotografie oft beiläufig mit dem Smartphone geschieht, stehen diese Kameras für etwas anderes: für bewusste Bildgestaltung, für Entschleunigung, für eine Rückbesinnung auf das Wesentliche. Sie sind keine Statussymbole, die auf Tischen glänzen – es sind Werkzeuge für Menschen, die sehen wollen, statt nur zu knipsen.
Bleibt mir gewogen, Euer Albfotograf