Seit Sommer 2007 bin ich ein „Adobe-Refugee“, denn nach einigen Monaten habe ich Lightroom (damals in der Version 1,0) als für meine Zwecke untauglich befunden und arbeite seitdem mit einer Reihe anderer RAW-Konverter.
(FUJIFILM X100VI mit Built-In Lens @23.0mm, 1/100s, f/5.6 und ISO800)
Daher kann ich die Änderungen an den Abo-Modellen von Adobe entspannt aus der Ferne betrachten, da sie mich nicht direkt betreffen. Nun hat vor ein paar Wochen ein Mitglied einer Fotogruppe die Frage gestellt, wie es denn mit kostenlosen RAW-Konvertern (Open Source) generell aussieht, sprich: Taugen die was und kann man die verwenden? Ich will diese Frage nicht als Öffnung der Büchse der Pandora bezeichnen, aber sie hat eine Reihe von Überlegungen in Gang gesetzt, die zu einem Test und vielleicht auch mehr führen werden.
Meine Überlegung war nämlich: Wenn ich schon RAW-Konverter aus der Open Source-Welt betrachte, wie sieht es denn generell mit der digitalen Souveränität aus? Nicht nur Adobe ist eine Firma mit Sitz in den USA. Auch mein primärer RAW-Konverter (ON1 Photo RAW) stammt von dort. Skylum, der Hersteller von Luminar, gibt als Firmensitz Bellevue im Bundesstaat Washington an. DxO hat seinen Sitz in Frankreich und die Software ist von einem hakeligen Aktivierungsmechanismus abhängig. Capture One A/S sitzt in Dänemark – um hier noch zwei Alternativen aus der EU zu nennen. Bei der Frage ging es aber explizit um Alternativen aus dem Open Source-Bereich und mein Addendum war dann die generelle Frage nach digitaler Souveränität.
Die eigentliche Frage: Open Source RAW-Konverter
Die drei bekanntesten Open Source-RAW-Konverter sind:
- ART (ein Fork von RawTherapee), https://art.pixls.us/
- RawTherapee selbst: https://rawtherapee.com/
- Darktable: https://www.darktable.org/
Damit wäre der Frage aus der Fotogruppe erst einmal Genüge getan. Aber man wollte ja auch noch wissen, ob sie „taugen“. Die Antwort ist auf jeden Fall JA. Jeder der genannten Konverter benötigt aber hinreichend Zeit zur Einarbeitung und zum Kennenlernen seiner Grenzen – positiv ausgedrückt – seines Funktionsumfangs. Das ist bei allen anderen Konvertern aber auch der Fall.
Mein Addendum: Wenn schon, denn schon …
Ich habe die drei beschriebenen RAW-Konverter auf einem alten Microsoft Surface Pro mit Windows 11 installiert und mir dabei einige Fragen gestellt. Wie sieht es eigentlich mit dem Betriebssystem, Office sowie der Speicherung und Archivierung von RAW-Dateien und Bildern aus?
Neben dem Tablet hatte ich noch ein Microsoft Surface Laptop der dritten Generation mit 15-Zoll-Display, 32 GB RAM, einem AMD 8-Kerner zur Verfügung. Also ein leistungsstarkes System zur Bildverarbeitung und damit kam mir die Idee, den Test auszuweiten.
Mein fotografisches Arbeitsgerät
Microsoft Surface Laptop 3 (AMD Ryzen 7 mit einer Radeon RX Vega 11 Graphics, Microsoft Surface Edition, 1 TB NVMe SSD, 32 GB RAM und 15″-Display mit 2496 x 1664 Pixeln).
Als Betriebssystem habe ich Fedora Linux Workstation 42 gewählt.
Die wenigen Dokumente, die ich bearbeiten oder erstellen muss, erledige ich mit Softmaker Office. Von dieser Software, die in Deutschland programmiert wird, besitze ich schon seit Jahren eine private Lizenz – von hier gehen Grüße nach Nürnberg.
Als Bildbetrachter kommt gThumb als Ersatz für FastRawViewer zum Einsatz.
Installiert sind die drei oben erwähnten RAW-Konverter, von denen ich, historisch bedingt, RawTherapee besonders gern verwende. ART als eine Ableitung von RawTherapee versteht sich von selbst, und wenn man sich die Mühe der Einarbeitung macht, ist darktable ein Lightroom-Killer. Das wird RapidRaw vielleicht auch werden, wenn wir ihm noch Zeit geben.
Große Bildbestände benötigen früher oder später eine Verwaltungslösung. Hier hatte ich früher mit Imabas von Pix and More unter Windows gearbeitet, bis diese Lösung leider eingestellt wurde. Ich werfe immer mal wieder einen Blick in Richtung Excire Foto, allerdings fehlte mir bisher die Zeit für eine finale Implementierung und den Umzug einiger TerraByte an Bilddaten. Da es Excire für Linux aber nicht gibt, bin ich auf digiKam aufmerksam geworden, das seit Version 8.7.0 sogar KI verwendet.
Ja, KI … Keiner der genannten RAW-Konverter verwendet heute (September 2025) KI, aber das kann ja noch kommen. Betrachten wir digiKam und berücksichtigen dabei, dass es inzwischen einige KI-Modelle gibt, die eine kostenfreie Verwendung ermöglichen oder sogar selbst als Open Source verfügbar sind, steht einem sinnvollen Einsatz dieser nichts mehr im Wege.
Da ich meine Bilder bisher nicht mit Photoshop bearbeitet habe, will ich GIMP als Alternative nicht ins Feld führen.
Für Spezialgebiete wie Skalierung und Panoramen gibt es Programme wie UpScayl und Hugin. Lediglich meinen „alternativen“ Konverter, den Iridient X-Transformer, gab es nicht für Linux. Dafür ließ sich aber eine andere Möglichkeit finden, die in einem der nächsten Blogs thematisiert wird.
Datenspeicherung und Sicherung
Die Speicherung und Sicherung meiner Fotos erfolgt auf einer Synology DS923+ (ein wenig getunt) mit C2-Speicher zur Auslagerung der Datensicherung in die Cloud in Frankfurt. Bei dieser Lösung haben amerikanische Konzerne ihre Finger nicht im Spiel.
Das Kopieren der RAWs aus der Kamera erfolgt auf eine externe SSD. Im Gegensatz zur Apple-Welt kann diese weitgehend problemlos zwischen Windows und Linux wandern, auch wenn NTFS als Dateisystem verwendet wurde.
Final Words
Bin ich jetzt ein digital souveräner Fotograf? Die Antwort, frei nach Radio Eriwan, lautet: „Im Prinzip nein, aber …“
Selbst die Verwendung eines in der EU hergestellten Laptops oder Computers würde mehr oder weniger implizieren, dass dieser entweder CPUs von AMD oder Intel oder zumindest einen Snapdragon beinhaltet. Der Transfer meiner Daten vom NAS, das aus Taiwan kommt, läuft über Cisco-Switches, bis sie in Frankfurt auf einem Speicher aus Festplatten landen, die mit großer Wahrscheinlichkeit ebenfalls aus den USA kommen. Diese Liste ließe sich beliebig fortsetzen.
Jetzt kommt das „Aber“: Jede Reise beginnt mit dem ersten Schritt, und freie Software wie die hier erwähnte hat den Vorteil, dass weder politische noch technische Interventionen den Betrieb der Software verhindern können. Stichwort: die drohende Abschaltung der Adobe Cloud in Venezuela im Jahr 2019.
Darüber hinaus unterliegen kommerzielle Anwendungen sinnvollen und notwendigen Mechanismen zur Aktivierung und Nachverfolgung der Lizenzen. Diese liegen jedoch nicht beim Anwender also uns, sondern in den Händen der Hersteller – mit allen Möglichkeiten politischer, technischer und wirtschaftlicher Einflussnahme.
Unter diesen Aspekten ist die hier vorgestellte Lösung deutlich unabhängiger und auch kostengünstiger als ihre Pendants aus dem kommerziellen Umfeld.
Aber unsere Welt ist heterogen, weshalb ich es für ausgeschlossen halte, dass ein einzelner Mensch oder ein Land vollständige digitale Souveränität, auf welchem Gebiet auch immer, erreichen kann. Es liegt jedoch in unserer Hand, wie stark die Abhängigkeiten sein werden. Wir können selbst entscheiden, in welchem Bereich des Spektrums der Möglichkeiten wir uns zukünftig aufhalten wollen. Jede Software-Lizenz, die nicht im kommerziellen Bereich realisiert wird, verändert dies ein kleines Stück. Die 30 Millionen Cloud-Lizenzen, die Adobe bis 2024 verkauft hat, beinhalten in Wirklichkeit 30.000.000 x 1 Adobe-Cloud-Abo. Ob es eines mehr oder weniger wird, kann jeder von uns selbst entscheiden.
In diesem Sinne, bleibt mir gewogen und bis bald!
Euer Albfotograf
P.S. Wahrscheinlich fragt ihr euch wie es bei diesem Thema weiter geht?! Ich habe eine mehr oder weniger repräsentative Sammlung von RAW-Dateien angelegt, die ich anhand meines entwickelten Workflows mit Programmen aus der Open Source-Welt entwickeln werde.